Krim-Guide für Westeuropäer in „Krisenzeiten“

Update: Das ganze scheint aktuell nicht mehr so einfach zu sein wie 2014 (siehe Kommentar)

Wir sind nun über die Route Galati (Rumänien), Giurgiulești (Moldawien), Odessa (Ukraine) und Armjansk (Russland) mit unserem Defender auf die Krim gefahren. Da es vor dem Start äusserst schwierig war verlässliche Informationen zu dieser Route in der aktuellen Situation zu finden hier unsere Eindrücke und ein paar Tipps für andere Reisende die mit ihrem Auto auf die Krim wollen.

Kurzversion
Wer ein russisches Visum in der Tasche hat kann diese Route ohne Probleme fahren und muss sich dabei weder um seine Sicherheit, noch um irrwitzig lange Wartezeiten Gedanken machen.

  • Dauer des gesamten Grenzprozederes bei Armjansk inkl. aller Wartezeiten: 3,5 Std.
  • Auf dem Land funktionieren unsere Kreditkarten nicht, wir tauschen in einer großen Bank Dollars in Rubel. In Sevastopol bekommen wir problemlos Bargeld am Automaten (Visa)
  • Tanken: Man bezahlt erst 1000 Rubel an der Kasse sagt dann dem Tankwart das er volltanken soll und bezahlt danach den Rest
  • auf der Krim gilt die Moskauer Normalzeit, obwohl sie eigentlich zur Zone der Osteuropäischen Sommerzeit gehört!

Langversion

Grenze Rumänien -> Moldawien (Giurgiulești)

  • Die Grenze ist ein wenig seltsam da man innerhalb von 2 km aus Rumänien ausreist, in Moldawien einreist dann wieder aus Moldawien ausreist um dann in der Ukraine einzureisen.
  • Man muss bei der Einreise eine Vignette für moldawische Straßen kaufen (ca. 1000m Strecke). Kostet ungefähr 5 EUR, an der Grenze kann man Geld tauschen (USD, Ukrainisches Geld, Rumänisches Geld). Die Vignette bekommt man in der Bank. Die Grenzer geben die Fahrzeugdaten in ihren Computer ein daraus wird in der Bank ein Papier gedruckt das die Vignette ist
  • Die Grenzer sowohl auf rumänischer Seite als auch an der moldawischen Seite sprechen genug englisch damit keine Verständigungsprobleme aufkommen
  • Gesamtdauer der Kontrolle inkl. Wartezeiten: ca. 45 min.

Grenze Moldawien -> Ukraine (Giurgiulești)

  • Der Grenzübergang ist eine kombinierte Aus- und Einreiseposten man parkt, dann manchen die moldawischen Grenzer ihre Kontrolle und „übergeben“ dann an die ukrainischen Kollegen die im Häuschen gegenüber sitzen
  • Die moldawischen Grenzer haben uns das Pfefferspray abgenommen weil sie der Meinung waren das die ukrainer das nicht akzeptieren würden. Wir vermuten das das quatsch ist wollen es aber nicht ausprobieren
  • Es werden Brotmesser und Pillen begutachtet, alles wie bei jeder anderen Grenzkontrolle auch. Das Brotmesser und unser Küchenbeil sind angeblich zu lang beides darf aber trotzdem mitgenommen werden
  • Für unsere riesige Feuerwehraxt die offen im Auto liegt interessiert sich niemand
  • Unsere Trekkingmahlzeiten werden sehr ausgiebig betrachtet was vermutlich daran liegt das die Packungen Munitionsverpackungen ähneln
  • Der ukrainische Grenzer stellt sich mit Handschlag vor und „durchsucht“ unser Auto ca. 10 min. lang
  • Nachdem das Auto für ok befunden wurde muss ich kurz mit ins Grenzhäuschen. Es wird ein Formular ausgefüllt in dem der Grenzer dokumentiert das nichts illegales im Fahrzeug ist. Mir werden alle Eintragungen auf englisch erläutert. Das ganze läuft betont freundlich und korrekt ab, der Grenzer verabschiedet sich mit Handschlag und wünscht eine gute Reise. Ich hatte schon deutlich unangenehmere Grenzkontrollen bei der Einreise in die Schweiz!
  • Wir bekommen einen kleinen Zettel für das Ausfahrtstor der Grenze, als wir diesen dem Posten überreichen werden wir mit einem fröhlichen „Welcome to Ukraine!“ verabschiedet

Überlandfahrt in der Ukraine von der Grenze über Odessa nach Armjansk

  • Wir wählen die Route an der Küste über Izmail, Tatarbunary und Zatoka nach Odessa. Mit einem Defender ist das eine wirklich schöne Strecke, die Straßen sind allerdings in katastrophalem Zustand. Ohne ein Geländefahrzeug oder bei Regen würden wir dringend davon abraten hier zu fahren. Track und Video.
  • Auf der Strecke gibt es an größeren Orten Militärkontrollposten. Diese bestehen meist aus einem mit Sandsäcken verkleideten Panzer, 1-2 Polizeiautos und eine paar Soldaten die sich aber absolut nicht für den Verkehr interessieren. Von diesen Checkpoints sehen wir bis nach Odessa ca. 5 und werden an keinem angehalten
  • In Odessa ist von Krieg nichts zu spüren
  • Nach Odessa in Richtung Armjansk sehen wir interessanterweise keine Kontrollposten mehr obwohl wir genau das Gegenteil erwartet hätten

Checkpoint Ukraine -> Krim (Armjansk)

  • Ankunftszeit 30.08.2014 20 Uhr evtl. sind die Wartezeiten tagsüber anders
  • Ca. 11 km vor dem Exit-Checkpoint bei Armjansk beginnt die LKW-Schlange. Hier darf man mit dem PKW keine Panik bekommen man kann an der kompletten Schlange vorbeifahren, die PKW-Reihe ist hier LINKS auf dem Schotter. Wir warten vor Einlass in den Kontrollposten ca. 30 min.
  • Bei der Einfahrt in den Checkpoint bekommen wir einen Zettel mit unserem Nummernschild und der Anzahl der Personen im Fahrzeug
  • Der sog. Exit-Checkpoint wirkt ein wenig hilflos, 4 Grenzer sitzen in einem VW-Bus mit platten Reifen an denen schon das Gras hochwächst. Der Bus ist über ein an einem Telefonmast abgezweigten Kabel wohl an irgendein Netzwerk angebunden
  • Unsere Passdaten und die Fahrzeugdaten werden in einen Computer getippt, dann schaut ein Grenzer oberflächlich durchs Auto
  • Wir bekommen einen Stempel auf den Zettel mit dem Nummernschild und dürfen aus dem Kontrollposten ausfahren
  • Die Pässe werden NICHT gestempelt da der Kontrollposten kein ukrainischer Grenzübergang ist
  • Alles ist professionell und freundlich, wer hier $100 in den Pass legt wird garantiert sofort verhaftet
  • Dauer der Kontrolle ca. 20 min

Einreise Russland (Armjansk)

  • Nach dem ukrainischen Checkpoint müssen sich PKW RECHTS von den LKW einordnen, wer das wie wir nicht macht fährt links bis nach vorne, wird dann zurückgeschickt und verliert somit ein paar Plätze in der Schlange
  • Zwischen dem ukrainischen Checkpoint und der russischen Grenze liegen ca. 2 km Niemandsland. Hier entsteht für uns die längste Wartezeit da die LKW-Fahrer, die schon seit 2 Tagen auf die Einreise warten, die PKW-Spur blockieren
  • Wartezeit im Niemandsland ca. 2 Std. (ca. 21:00 Uhr)
  • Bei der Einfahrt erhalten wir wieder einen Zettel mit der Anzahl der Personen und der Autonummer
  • An der Einfahrtsschranke bekommen wir auch die Immigrationskarten. Auf der Karte muss sowohl die Einreise als auch die Ausreiseseite ausgefüllt werden. Die Karte ist komplett auf kyrillisch und englisch, also problemlos ausfüllbar
  • Die Russen sind gekommen um zu bleiben: Der Grenzübergang ist voll ausgebaut inkl. LKW-Röntgenanlage und klimatisierten Grenzhäuschen
  • Auch hier ist die Kontrolle professionell und freundlich, man bekommt seinen Einreisestempel an einem Häuschen dann schauen die Grenzer ca. 10 min. durchs Auto
  • Fahrzeugpapiere und Versicherungskarte werden nicht angeschaut oder erfasst
  • Die Immigrationskarte wird gestempelt und man bekommt den Ausreiseteil wieder. Diese Karte muss man unbedingt sicher verwahren da man ohne sie nicht mehr einfach so ausreisen kann. Zu Sicherheit sollte man das Papier fotografieren
  • Am Ausgang gibt man seinen gestempelten Laufzettel wieder ab und befindet sich dann in der russischen Föderation
  • Dauer der Kontrolle: 2 Std. Wartezeit, 30 min. Kontrolle (Ausfahrt ca. 23:30)

Auf der Krim

  • Von Ausnahmezustand oder Krieg keine Spur, keine Kontrollposten, kein sichtbares Militär
  • Alle ukrainischen Banken sind geschlossen, direkt daneben stehen neue russische
  • Alle westlichen bzw. ukrainischen Tankstellen sind geschlossen ein paar Meter weiter stehen nagelneue russische die teilweise kostenloses W-Lan haben
  • McDonalds ist überall geschlossen (stört uns natürlich nicht, fällt aber auf)
  • Auf der Krim lebende Deutsche haben ein großes Interesse daran zu erfahren wie die Situation in der Ukraine ist. Das Bild in den russischen Medien ist wohl ähnlich verzerrt wie das Bild der Krim in den deutschen Medien
  • Die Berichte von Stromausfällen oder Wasserknappheit auf der Krim in den deutschen Medien sind definitv Märchen

Wer die Route fahren möchte und noch Fragen hat kann uns natürlich gerne Kontaktieren. Wir haben inzwischen auch ein paar gute Kontakte auf der Krim die ganz nützlich sein können.

One thought on “Krim-Guide für Westeuropäer in „Krisenzeiten“

  1. Die Route via Ukraine (Kherson-Oblast) und dann direkt bei Armijansk auf die Krim würde heuer (2016/1017) nicht mehr funktionieren, aber nicht wg. der Russen, sondern, weil die Ukrainer die Grenze für Ausländer quasi geschlossen haben. Man braucht eine spezielle Sondergenehmigung entweder vom Justizministerium in Kiev oder, falls man selbst als Ausländer im Festland-Ukraine seinen festen Wohnsitz hat, dann eben am ukr. Meldeort. Anscheinend möchte die pol. Führung in Kiev vermeiden, dass Ausländer zu touristschen Zwecken auf die Krim fahren, um dann die Propagandalügen in den westlichen Massenmedien zu enttarnen… ;))

    Von Deuschtland aus ist es durchaus eine Option via Baltikum zu fahren (ggfs. ab Travemünde mit der Fähre ins Baltikum !) und dann immer geradeaus via Moskau, Rostov (alles Autobahn !) zur Krim runter.

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